Erfahrungen & Bewertungen zu Matthias Baring

Die Klägerin arbeitet seit 1991 als Chemielaborantin bei der Beklagten. Sie wurde bis April 2022 in der Tagschicht eingesetzt und hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 20 aufgrund beidseitigem Kniegelenkverschleiß. Der Kern des Rechtsstreits dreht sich um die Versetzung der Klägerin in das Feststofflabor, verbunden mit vollkontinuierlicher Schichtarbeit einschließlich Nachtdiensten.

Hintergründe der Versetzung

Im April 2022 informierte die Beklagte die Klägerin, dass sie ab Mai 2022 in vollkontinuierlicher Wechselschicht arbeiten müsse. Die Arbeitsschichten beinhalteten monatlich fünf bis sechs Nachtdienste. Trotz Vorbehalten kam die Klägerin der Anordnung nach, während der Betriebsrat dieser Maßnahme widersprach und rechtliche Schritte einleitete.

Der Konflikt zwischen Arbeitgeber, Betriebsrat und Klägerin

Die Beklagte setzte die Versetzung vorläufig gemäß § 100 Abs. 2 BetrVG um und leitete ein Verfahren zur Zustimmungsersetzung ein, das im Januar 2023 erfolgreich war. Bereits im Jahr 2022 hatte die Klägerin Klage erhoben, um die Versetzung für unwirksam erklären zu lassen. Ihre Argumente basierten auf der Missachtung ihrer altersbedingten und gesundheitlichen Einschränkungen sowie der fehlenden Wahrung billigen Ermessens.

Die Entscheidungen des Arbeitsgerichts Hamburg

Das Arbeitsgericht beurteilte die Versetzung teilweise als unwirksam. Die Beklagte habe vor der Zuweisung von Nachtdiensten keine ausreichende arbeitsmedizinische Untersuchung durchgeführt, wie es § 6 Abs. 3 ArbZG vorschreibt. Aus Gründen der Fürsorgepflicht wäre eine solche Untersuchung notwendig gewesen. Während die Nachtschicht als unzulässig erklärt wurde, hielt das Gericht die Schichtarbeit insgesamt für rechtmäßig.

Berufung der Klägerin: Gesundheitliche Belastungen im Fokus

Die Klägerin legte Berufung ein, mit dem Ziel, die gesamte Versetzung für unwirksam zu erklären. Sie führte an, dass die vollkontinuierliche Schichtarbeit ihre körperliche und psychische Gesundheit erheblich beeinträchtige. Schlafstörungen und Verschlechterung ihrer Arthrose wurden durch den gestörten Biorhythmus und die Erschöpfung verursacht. Die Beklagte argumentierte, dass die Versetzung durch ihr Direktionsrecht gedeckt sei und keine Konkretisierung der Arbeitszeit vorliege.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg

Das Landesarbeitsgericht (Aktenzeichen: 7 Sa 53/23) entschied zugunsten der Klägerin und erklärte die Versetzung insgesamt für unwirksam. Der Arbeitgeber hatte entgegen § 106 Satz 3 GewO keine ausreichende Rücksicht auf die Behinderung der Klägerin genommen. Der GdB von 20 erfülle die Anforderungen an den Behinderungsbegriff nach § 2 Abs. 1 SGB IX. Die Unkenntnis der Beklagten über die gesundheitliche Situation der Klägerin habe keinen Einfluss auf die Bewertung des billigen Ermessens, da die objektive Sachlage maßgeblich ist.

Fazit: Konsequenzen und Implikationen

Das Urteil stellt klar, dass Arbeitgeber bei Versetzungen die körperlichen und gesundheitlichen Einschränkungen ihrer Beschäftigten beachten müssen. Die Fürsorgepflicht und die Wahrung billigen Ermessens sind entscheidend für die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen, insbesondere bei gesundheitlich beeinträchtigten Arbeitnehmern.

Sollten auch Sie sich mit einer ungerechtfertigten Versetzung konfrontiert sehen, melden Sie sich gerne bei uns Matthias Baring LL.M. ist Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht in Bochum und Umgebung.